Wer ein neues Smartphone bekommt oder schon länger mit einem etwas besseren Gerät unterwegs ist, der wird die Google-Sprachsuche schon ausprobiert haben. Die meisten Nutzer sind erstaunt, wie genau die Spracherkennung inzwischen arbeitet. Also ist davon auszugehen, dass die Sprachsuche an Bedeutung gewinnt; möglicherweise wird sie schon bald häufiger verwandt werden, als die herkömmliche Suche mit eingetipptem Text. Es ist klar, dass dies sowohl für das Suchverhalten wie für die Suchmaschinen-Optimierung höchst relevant ist.
Bekannt wurde die Sprachsteuerung von Computern durch den Film Her: Ein einsamer Nutzer verliebt sich in die imaginierte Persönlichkeit hinter der Spracherkennung.
Zwar wird der Sprachausgabe Siri von Apple-Rechnern von einigen Internet-Euphorikern bzw. -Hysterikern erotische Qualität zuerkannt, doch diese abgedrehte Sichtweise hat weder für die Suchmaschinen-Optimierung noch für das Suchtverhalten tatsächliche Relevanz. Wer mit dem Smartphone unterwegs ist, der hat meist nicht die Ruhe, um eine längere Suchanfrage bei Google einzutippen. Das Klicken auf das Mikrophon-Symbol und das Sprechen der Suchanfrage ist dann praktischer, wenn einigermaßen gut der knapp gesprochene Text erkannt werden kann. Relevant ist allerdings, dass dieses vereinfachte Verfahren zu mehr Suchanfragen führen könnte. Denkbar ist auch, dass die Nutzer angesichts der positiven Erfahrungen auch beim Notebook bzw. beim Desktop auf die Spracheingabe zurückgreifen werden.
Es könnte sogar dazu kommen, dass die von Google bevorzugte Antwort, der Platz 1 der Rangliste, noch stärker an Bedeutung gewinnt, denn je nach dem, wie die Suchanfrage formuliert ist, wird dieser Platz als direkte Antwort dem Nutzer angezeigt. Wer wissen will „Wo ist die nächste Eisdiele?“, der braucht hierfür keine Liste, sondern ein einziges Ergebnis.
Sofern sich die Sprachsuche also auf Angebote bezieht, die mit Geldtransaktion verbunden sind (Einkäufe, Restaurant- oder Museumsbesuche usw.), kann man unterstellen, dass die Sprachsuche unmittelbar in eine Transaktion münden soll. Webmaster, die von diesem Trend profitieren wollen, müssen also die Möglichkeit der Transaktion noch stärker als bisher in ihrem Webangebot berücksichtigen.
Die Sprachsuche ist auch eine weitere Verstärkung für die Long-Tail-Strategie von Webangeboten. Haben sich die Nutzer erst mal dran gewöhnt, dass die Suchanfrage mittels Sprache funktioniert, dann werden sie längere Suchanfragen mit mehr Substantiven stellen und damit Webseiten bevorzugen, wo genau diese Substantive (gehäuft) vorkommen. Die Bedeutung von Autocomplete (Vervollständigung von eingetippten Anfängen) nimmt hingegen ab; nicht nur Bettina Wulff wird das erfreuen. Wenn die Nutzer erst mal mit dem Sprechen beginnen, dann lassen sie sich von den Autocomplete-Vorschlägen nicht mehr so stark ablenken.
Relevant ist die Sprachsuche vor allem bei der lokalen Suchmaschinen-Optimierung. Die Nutzer sind mit ihrem Smartphone oder Tablet lokal unterwegs und brauchen direkt einen Hinweis, wo sie ihre Problem oder ihren Wunsch umsetzen können. Sollte es immer noch lokale Anbieter geben, die bisher auf lokale SEO verzichtet haben, dann wird es nun langsam Zeit mal umzudenken. Dieser Effekt gilt auch dann, wenn die Nutzung von Android-Geräten mal zurückgehen sollte. Auch die IOS-Nutzer bevorzugen Google bei der Suche.
Manche sehr optimistischen Experten gehen davon aus, dass die Google-Suche in Zukunft dialogisch verlaufen wird. Doch die hier angesprochene Zukunft liegt noch in weiter Ferne. Denn Spracherkennung hat nichts mit Sprachverstehen zu tun. Systeme der Sprachsuche setzen lediglich erkannte Laute in Buchstaben und kleine Textstücke um. Was der Nutzer da fragt, bzw. was sein dahinter stehendes Ziel sein könnte, das wissen die Computer bei Google und Co. noch lange nicht, selbst wenn die Firmenlenker dies jeden Tag als Grundidee propagieren. (Eric Schmidt Google: Wir wissen, wo du bist. Wir wissen, wo du warst. Wir wissen mehr oder weniger, worüber du nachdenkst.) Träum weiter Eric. Was der Kunde wirklich will, dass kann nicht mal der Händler am Ende des Einkaufstrichters erfahren, selbst wenn dieser ein stundenlanges Gespräch mit dem Käufer geführt hat. Aber für Händler oder Dienstleistungsanbieter genügt es, wenn der Kunde schließlich sein Angebot akzeptiert. Und damit dieses bekannt wird, braucht er Suchmaschinen-Optimierung, zumal wenn Suchmaschinen wie Google auf gesprochene Sprache mit mehreren Worten einigermaßen angemessen reagieren können.