Immer häufiger versuchen Website-Betreiber ihre Webseiten für die Besucher spezifisch zu optimieren. Früher begnügte man damit, auf den eigenen Webseiten für unterschiedliche Interessengruppen eigene Bereiche zu bieten. Dieses transparente Verfahren wird durch Big-Data-Techniken und künstliche Intelligenz in Frage gestellt. Wäre es nicht geschickter, direkt die Besucher auf die Webseiten zu leiten, die speziell für sie gemacht sind, anstelle ihnen ein differenziertes Angebot zu bieten, aus dem sie auswählen können? Wäre es nicht geschickt, den Besuchern genau die Waren und Dienstleistungen anzubieten, die sie gerade noch mit ihrem Geldbeutel finanzieren können? Der Erfolg des Behavioral Targeting scheint zu einer einfachen Antwort zu führen, die jedoch nicht die Kriterien für gute Suchmaschinen-Optimierung mitbedacht hat.
Behavioural Targeting umfasst eine große Vielzahl von Techniken, um das Aussehen von Webseiten und Teilen von Webseiten (insbesondere kommerzielle Anzeigen) in Abhängigkeit vom Besucher zu beeinflussen. Firmen wie Adobe bieten eine andere Zugriffsmöglichkeit auf ihre Website, wenn erkennbar wird, dass ein Studierender diese besucht. Das macht Sinn, denn diese Zielgruppe bekommt nicht nur günstigere Preise; als Multiplikatoren in ihrem späteren Arbeitsumfeld können Sie auch zu Evangelisten der Software vom Marktführer für Multimedia-Produktion werden.
Wenn ein Besucher auf eine Website kommt, dann braucht er viel Zeit, um zur richtigen Webseite zu kommen. Möglicherweise findet er es attraktiv, dass diese Zeit verkürzt wird. Er wird anhand seiner Profilinformationen erkannt und man leitet ihn direkt auf die richtige Landing-Page, damit er dort die geplante Conversion vollziehen kann. Der Erfolg des Behavioral Targeting hängt aber davon ab, wie genau die Zielgruppe bestimmt wurde und wie spezifisch der Kunde eingeschätzt werden kann, sonst erweist sich die Technik als kontraproduktiv. Kunden, die gestern sich für ein E-Bike interessiert hatten, direkt auf die entsprechende Unterseite zu leiten, könnte dann schlecht sein, wenn der Besucher sich zwischenzeitlich entschieden hat, erst mal nach einem Mountain-Bike zu suchen, das er seinem Kind zum Geburtstag schenken kann. Die Idee, dass man aus dem früheren Verhalten unmittelbar auf aktuelle Bedürfnisse schließen kann, stößt hier auf eine deutliche Grenze.
Jeder hat es selbst schon einmal erlebt. Man interessiert sich für ein bestimmtes Produkt (beispielsweise für eine Digitalkamera) und wird dann über Wochen mit Werbung verfolgt, die immer wieder das gleiche Produkt bewirbt. Dass man das Produkt inzwischen gekauft hat, konnte durch die primitive Art des Behavioral Targeting nicht erkannt werden. Aber auch dann, wenn dies erkannt und berücksichtigt wurde, kann es immer noch nerven, wenn man passend zur gekauften Digitalkamera über Wochen noch Taschen und weitere Objektive für die Kamera über Werbeanzeigen auf unterschiedlichen Plattformen angeboten bekommt, obwohl man bisher noch gar keine Zeit hatte, die Kamera auszuprobieren.
Früher war es ist vergleichsweise simpel nur auf die soziale Gruppe der Webseiten-Besucher zu schauen, um ihnen angepasste Webseiten zu bieten. Sehr viel differenzierter geht man vor, wenn man die konkreten Wünsche und Interessengebiete des Besuchers erkennt, beispielsweise weil dieser schon früher einmal die Website besucht hat, aber aus nicht näher bekannten Gründen den Einkauf von Waren oder Dienstleistungen abgebrochen hat. Beim Predictive Behavioral Targeting werden Daten aus dem spezifischen Benutzerverhalten mit allgemeinen statistischen Daten so verknüpft, dass man Rückschlüsse auf zukünftiges Verhalten der konkreten Person zu ziehen glaubt. So ist denkbar, dass man einen mobilen Nutzer mit Iphone in die Gruppe der Luxus-Kunden einsortiert, denn schließlich scheint bekannt zu sein, dass Käufer von Hardware mit dem Apfel-Logo mehr Geld in der Tasche haben und gerne auch teuer einkaufen gehen.
An diesem Beispiel wird auch eine weitere zentrale Problematik von Targeting-Methoden beim Online-Marketing deutlich: Bekommt der Besucher mit, dass ihm teure oder überteuerte Produkte deshalb angeboten werden, weil er zufälligerweise mit teurer Hardware im Internet unterwegs ist, dann könnte er motiviert sein, über Abwehrmaßnahmen nachzudenken. Möglicherweise wird sich der Iphone-Nutzer schließlich doch für das teure Hotelzimmer entscheiden, doch wenn er hinterher erfährt, dass ihm ein preiswertes erst gar nicht angeboten wurde, weil er mit der falschen Hardware unterwegs war, dann werden Cookie-Blockierer oder die Nutzung von Datenschutz-freundlichen Browsermodi plötzlich interessant. Die gegenwärtig Diskussion um die Big-Data-Überwachung durch die Geheimdienste führt bereist zu Verunsicherung bei Internet-Nutzern und hat über Predictive Behavioral Targeting das Potential, sich auf das Online-Marketing auszudehnen, womit auch die Bemühungen um ein nachhaltige Suchmaschinen-Optimierung Schaden nehmen könnten.
Nachhaltige Suchmaschinen-Optimierung strebt nach guten Suchmaschinen-Positionen in Abhängigkeit vom Inhalt der Webseiten. Sucht ein Suchmaschinen-Nutzer über einen Schlüsselbegriff nach der passenden Webseite, dann sollte die eigene Website dann weit oben stehen, wenn passend zur Suchanfrage eine gute eigene Webseite angeboten werden kann. Da aber Google die Liste der besten Webseiten in Abhängigkeit vom Suchverhalten des Nutzers ausliefert, ist bereist durch die Suchmaschine das Behavioral Targeting in die Suchergebnisse implementiert, wobei man aber nicht genau wissen kann, wie Google für sich das Behavioral Targeting umsetzt.